Trinkgeld bleibt steuerfrei: Aktuelle steuerrechtliche Einordnung und Grenzen
- Lucas von Steengate

- 22. Okt. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Trinkgelder gelten in vielen Branchen als eine übliche und steuerlich begünstigte Einkommensquelle für Arbeitnehmer. Auch wenn gesetzliche Höchstgrenzen für die Steuerfreiheit abgeschafft wurden, können besonders hohe Trinkgelder oder solche, die systematisch oder verpflichtend gewährt werden, dennoch der Steuerpflicht unterliegen. Dieser Artikel untersucht die steuerliche Einordnung von Trinkgeldern, geht auf relevante gesetzliche Regelungen ein und analysiert aktuelle Urteile, die verdeutlichen, in welchen Fällen Trinkgelder steuerpflichtig werden können.
1. Einführung: Steuerliche Relevanz von Trinkgeldern
Trinkgelder sind in vielen Dienstleistungsbranchen verbreitet, etwa im Hotel- und Gaststättengewerbe oder bei Friseuren. Sie gelten laut § 3 Nr. 51 Einkommensteuergesetz (EStG) als steuerfrei, sofern sie freiwillig und ohne Rechtsanspruch gewährt werden. Die Steuerfreiheit von Trinkgeldern unterstützt die Wertschätzung direkter Kundenkontaktberufe, indem sie Arbeitnehmern eine zusätzliche Einkommensquelle bietet. Neben der Steuerfreiheit sind Trinkgelder auch sozialversicherungsfrei, was ihre Bedeutung für die finanzielle Absicherung in Niedriglohnbranchen zusätzlich erhöht.
2. Voraussetzungen für steuerfreies Trinkgeld
Steuerfreie Trinkgelder sind Zuwendungen, die Kunden freiwillig und ohne rechtlichen Anspruch an Arbeitnehmer leisten. Diese Freiwilligkeit bleibt auch dann erhalten, wenn der Arbeitgeber von den Trinkgeldern nichts weiß oder deren Annahme untersagt, wie es beispielsweise in Alten- und Pflegeheimen üblich ist. Dagegen sind Schmier- und Bestechungsgelder nicht steuerfrei und zählen auch nicht als Arbeitslohn, selbst wenn sie im Arbeitskontext gegeben werden. Entscheidend für die Steuerfreiheit ist die Unverbindlichkeit der Zahlung, was auch feste, verpflichtende Zuschläge, wie Bedienungszuschläge, von der Steuerfreiheit ausschließt.
3. Ausschluss der Steuerfreiheit bei systematischen Trinkgeldern
Für den Fall, dass Trinkgelder aufgrund eines Rechtsanspruchs gezahlt werden, sind diese nicht steuerfrei. Eine Verpflichtung zur Zahlung, wie sie etwa bei festen Bedienungszuschlägen oder sogenannten Metergeldern im Möbeltransportgewerbe vorkommt, hebt die Freiwilligkeit der Trinkgeldzahlung auf und macht die Einnahmen steuerpflichtig. Laut den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) R 19.3 Abs. 1 Nr. 5 und den Hinweisen zu § 38 Lohnsteuer-Hinweise (LStH) ist bei solchen Zahlungen eine steuerliche Gleichbehandlung mit dem übrigen Arbeitslohn geboten.
4. Aktuelle Urteile: Trinkgeldzahlungen in außergewöhnlicher Höhe
Aktuelle Urteile des Finanzgerichts Köln verdeutlichen, dass besonders hohe Zahlungen, die als Trinkgeld bezeichnet werden, nicht automatisch steuerfrei sind. In einem konkreten Fall erhielten Prokuristen einer GmbH von einem konzernverbundenen Unternehmen Trinkgeldzahlungen in Höhe von 50.000 bzw. 1,3 Millionen Euro. Das Finanzamt behandelte diese Zahlungen als steuerpflichtigen Arbeitslohn, da solche hohen Beträge die gewöhnliche Definition von Trinkgeld überschreiten.
Die Kläger argumentierten, dass es sich um freiwillige Sonderzahlungen handelte, die somit steuerfrei sein sollten. Das Finanzgericht entschied jedoch, dass der Gesetzgeber trotz Abschaffung einer früheren Freigrenze im Jahr 2002 nicht beabsichtigt hatte, keinerlei Begrenzung für die Höhe eines steuerfreien Trinkgelds zu etablieren. Die Zahlungen in der genannten Größenordnung seien deutlich höher als das, was allgemein als Trinkgeld anerkannt werde, und seien daher als steuerpflichtige Einnahmen zu behandeln.
Urteilsverweise:
Finanzgericht Köln, Urteile vom 14.12.2022, 9 K 2507/20 und 9 K 2814/20
5. Fazit: Grenzen und Praxis der Steuerfreiheit von Trinkgeldern
Die steuerliche Behandlung von Trinkgeldern hängt entscheidend von der Höhe und der Freiwilligkeit der Zahlungen ab. Während Trinkgelder im direkten Kundenkontakt eine wichtige steuerfreie Zusatzleistung darstellen, können besonders hohe oder systematische Trinkgeldzahlungen zur Steuerpflicht führen. Die aktuellen Urteile des Finanzgerichts Köln betonen, dass auch ohne gesetzliche Höchstgrenze bei der Steuerfreiheit von Trinkgeldern eine praxisnahe Begrenzung auf „normale“ Trinkgeldhöhen existiert. Unternehmen und Arbeitnehmer sollten sich der steuerlichen Behandlung bewusst sein, um mögliche Nachzahlungen und rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.



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