WEG: Verwalter legt Amt nieder
- Zoi von Steengate

- 16. Sept. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Die Niederlegung des Amts eines Verwalters innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist ein häufig diskutiertes Thema, insbesondere da diese Situation erhebliche rechtliche und praktische Folgen für die WEG mit sich bringt. In den letzten acht Jahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) in mehreren Urteilen Klarstellungen zur Rechtslage getroffen, was die Handlungsoptionen und das Vorgehen in einem solchen Fall betrifft. Im Folgenden wird unter Berücksichtigung der relevanten BGH-Rechtsprechung zusammengefasst, wie vorzugehen ist, welche Befugnisse die einzelnen Akteure haben und wann gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden kann.
1. Niederlegung des Amtes durch den Verwalter
Grundsätzlich ist der Verwalter einer WEG berechtigt, sein Amt niederzulegen. Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Vertragsrecht, insbesondere aus den Regelungen zu Dienst- und Auftragsverhältnissen. Die Niederlegung des Amtes kann durch den Verwalter einseitig erfolgen und bedarf keiner Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Allerdings ist der Verwalter verpflichtet, die Niederlegung in einer Weise durchzuführen, dass die WEG nicht übermäßig benachteiligt wird. Der BGH hat klargestellt, dass dies insbesondere bedeutet, dass der Verwalter sein Amt nicht ohne triftigen Grund sofort niederlegen darf (BGH, Urteil vom 18.12.2015, V ZR 264/14). Eine sofortige Amtsniederlegung wäre nur dann zulässig, wenn hierfür gewichtige Gründe vorliegen, wie z.B. schwere Pflichtverletzungen durch die WEG oder unüberwindbare persönliche Gründe des Verwalters.
Die ordnungsgemäße Niederlegung erfordert in der Regel, dass der Verwalter seine Absicht schriftlich erklärt und eine angemessene Frist einhält, damit die WEG Gelegenheit hat, einen Nachfolger zu bestimmen. Die Rechtsprechung tendiert hier dazu, eine Frist von mindestens drei Monaten als angemessen anzusehen, wenn nicht besondere Umstände eine kürzere Frist rechtfertigen.
2. Einberufung einer Eigentümerversammlung
Nach der Niederlegung des Amts des Verwalters stellt sich die Frage, wer berechtigt ist, eine Eigentümerversammlung zur Wahl eines neuen Verwalters einzuberufen. Gemäß § 24 WEG ist grundsätzlich der Verwalter für die Einberufung der Versammlung zuständig. Hat der Verwalter jedoch sein Amt niedergelegt, erlischt diese Befugnis. Der BGH hat hierzu entschieden, dass in einem solchen Fall die Eigentümergemeinschaft selbst handlungsfähig bleiben muss und einzelne Eigentümer zur Einberufung der Versammlung berechtigt sind, wenn die Versammlung zur Bestellung eines neuen Verwalters erforderlich ist (BGH, Urteil vom 21.03.2014, V ZR 208/13). Diese Entscheidung stärkt die Handlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft und verhindert, dass sie in einem Verwaltungsvakuum zurückgelassen wird.
3. Befugnisse eines einzelnen Eigentümers
Ein einzelner Wohnungseigentümer kann eine Eigentümerversammlung einberufen, wenn es dafür einen wichtigen Grund gibt. Das Amtsniederlegen des Verwalters stellt einen solchen wichtigen Grund dar. Der BGH hat in mehreren Urteilen betont, dass es in dieser Situation entscheidend ist, die Handlungsfähigkeit der WEG zu gewährleisten. Ein einzelner Eigentümer kann also im Ausnahmefall die Rolle des Verwalters übernehmen, um die Versammlung einzuberufen, deren einziger Tagesordnungspunkt in der Regel die Wahl eines neuen Verwalters ist.
Der BGH hat jedoch auch klargestellt, dass ein einzelner Eigentümer nicht willkürlich handeln darf. Vielmehr muss er nachweisen, dass es im Interesse der Gemeinschaft notwendig ist, die Versammlung einzuberufen. Dies verhindert, dass einzelne Eigentümer ihre Machtposition missbrauchen, um eigene Interessen durchzusetzen (BGH, Urteil vom 20.04.2018, V ZR 202/17).
4. Befugnisse des Verwaltungsbeirats
Der Verwaltungsbeirat hat in der Regel eine beratende und überwachende Funktion innerhalb der WEG. Er unterstützt den Verwalter bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und prüft beispielsweise Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne. In dem Fall, dass der Verwalter sein Amt niederlegt, kann der Verwaltungsbeirat gemäß § 29 WEG befugt sein, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, um einen neuen Verwalter zu bestellen. Die Rechtsprechung sieht dies als eine Notfallmaßnahme an, wenn die Einberufung durch den Verwalter oder einen einzelnen Eigentümer nicht möglich ist. Der Beirat kann also eine zentrale Rolle dabei spielen, die Kontinuität in der Verwaltung der WEG sicherzustellen.
Es ist jedoch zu beachten, dass der Beirat keine umfassenden Verwaltungsbefugnisse hat. Seine Kompetenzen beschränken sich auf die Unterstützung und Überwachung der Verwaltung, und er ist nicht befugt, weitreichende Entscheidungen für die Gemeinschaft zu treffen. Die Einberufung einer Versammlung ist eine Ausnahme, die nur in klar umrissenen Notfällen greift.
5. Gerichtliche Hilfe
Sollte es nicht gelingen, eine Eigentümerversammlung einzuberufen oder einen neuen Verwalter zu bestellen, kann die WEG gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Gemäß § 43 Nr. 1 WEG ist das Gericht befugt, einen Notverwalter zu bestellen, wenn die WEG nicht in der Lage ist, einen Verwalter auf anderem Wege zu bestellen. Der BGH hat in mehreren Entscheidungen betont, dass dieser Schritt nur als Ultima Ratio in Betracht kommt, wenn alle anderen Optionen ausgeschöpft sind (BGH, Urteil vom 17.05.2019, V ZR 244/18).
Die gerichtliche Bestellung eines Notverwalters ist ein erheblicher Eingriff in die Autonomie der Eigentümergemeinschaft und sollte vermieden werden, wenn es möglich ist, auf anderem Wege einen Verwalter zu bestellen. Es handelt sich um eine Maßnahme, die nur in Fällen völliger Handlungsunfähigkeit der WEG ergriffen wird, etwa wenn keine Einigkeit unter den Eigentümern besteht oder wenn keine ausreichenden Mehrheiten für die Bestellung eines neuen Verwalters erzielt werden können.
Fazit
Die Niederlegung des Amts eines Verwalters einer WEG führt zu einer Reihe rechtlicher und praktischer Konsequenzen, die sorgfältig beachtet werden müssen. Der Verwalter ist verpflichtet, sein Amt so niederzulegen, dass der WEG ausreichend Zeit bleibt, einen neuen Verwalter zu wählen. Ist dies nicht der Fall, können einzelne Eigentümer oder der Verwaltungsbeirat eine Versammlung zur Bestellung eines neuen Verwalters einberufen. Sollte es zu keiner Einigung kommen, kann das Gericht als letzte Instanz einen Notverwalter bestellen. Die einschlägigen BGH-Urteile der letzten Jahre stärken die Handlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft und stellen sicher, dass die WEG nicht ohne Verwaltung bleibt.



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