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WEG: Wer schuldet die Abrechnung des letzten Jahres bei Verwalterwechsel

  • Autorenbild: Zoi von Steengate
    Zoi von Steengate
  • 13. Juni 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 12. Sept. 2024

Der Verwalterwechsel der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) wirft zahlreiche rechtliche Fragestellungen auf. Eine zentrale Frage dabei ist die Verantwortlichkeit für die Abrechnung des letzten Wirtschaftsjahres. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür finden sich in § 28 Abs. 3 WEG.

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Einordnung

Gemäß § 28 WEG ist der Verwalter verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung über die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaft vorzulegen. Eine zentrale Rechtsfrage ist hierbei, welcher Verwalter diese Pflicht trifft, wenn während oder nach Ablauf des Wirtschaftsjahres ein Verwalterwechsel stattfindet. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer richtungsweisenden Entscheidung klargestellt, dass die Pflicht zur Erstellung der Abrechnung den Verwalter trifft, der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht Amtsinhaber ist. Dies bedeutet, dass der alte Verwalter auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt die Abrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr erstellen muss (BGH, Urteil vom 16. Februar 2018 – V ZR 89/17).

Praxisbeispiele und ihre rechtliche Bewertung

1. Einvernehmlicher Verwalterwechsel zum Jahresende

Ein Verwalterwechsel, der zum Ende des Wirtschaftsjahres einvernehmlich zwischen der Eigentümergemeinschaft und dem Verwalter beschlossen wird, ist in der Regel unproblematisch. Der scheidende Verwalter erstellt die Abrechnung und übergibt diese an die Gemeinschaft. Diese Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des BGH und den Vorgaben des WEG.

2. Verwalterwechsel während des laufenden Jahres

Erfolgt der Verwalterwechsel mitten im Jahr, stellt sich die Frage, ob der alte Verwalter eine Zwischenabrechnung erstellen muss und der neue Verwalter die Jahresabrechnung für das gesamte Jahr übernimmt. In der Praxis wird häufig so verfahren, dass der alte Verwalter für das abgelaufene Jahr eine Abrechnung vorlegt, während der neue Verwalter für das laufende Jahr verantwortlich ist. Hierbei ist eine transparente Kommunikation und eine lückenlose Übergabe der Unterlagen zwischen den Verwaltern unerlässlich.

3. Verwalterwechsel aufgrund von Kündigung oder Abberufung

Komplizierter wird es, wenn der Verwalterwechsel aufgrund einer Kündigung oder Abberufung erfolgt. In solchen Fällen ist der alte Verwalter häufig nicht mehr bereit, die Abrechnung zu erstellen, insbesondere wenn das Vertragsverhältnis im Streit endet. Der BGH hat jedoch klargestellt, dass der alte Verwalter zur Erstellung der Abrechnung verpflichtet bleibt, solange sein Vertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vorsieht. Ein prägnantes Beispiel ist der Fall, in dem ein Verwalter im Januar abberufen wird und die Abrechnung des Vorjahres nicht erstellt. Die Eigentümergemeinschaft ließ die Abrechnung von einem Dritten erstellen und forderte die entstandenen Kosten erfolgreich als Schadensersatz vom ehemaligen Verwalter ein (BGH, Urteil vom 16. Februar 2018 – V ZR 89/17).

4. Insolvenz des Verwalters

Ein besonders schwieriger Fall tritt ein, wenn der Verwalter während des Jahres insolvent wird. Hier stellt sich die Frage, ob und wie die Abrechnung des letzten Jahres durchgeführt werden kann. Die Eigentümergemeinschaft muss in solchen Fällen häufig auf die Unterstützung des Insolvenzverwalters zurückgreifen, der die Unterlagen des Verwalters verwaltet. Es ist ratsam, in solchen Fällen frühzeitig juristischen Rat einzuholen, um die Rechte der Gemeinschaft zu wahren und eine ordnungsgemäße Abrechnung zu gewährleisten.

Streitige Auffassungen und die herrschende Meinung

In der Literatur und Rechtsprechung existieren unterschiedliche Auffassungen darüber, wer die Abrechnung zu erstellen hat. Eine Ansicht besagt, dass die Pflicht zur Erstellung der Abrechnung den Verwalter trifft, der am letzten Tag des Wirtschaftsjahres im Amt ist (Jennißen, ZWE 2018, S. 18, 21). Eine andere Auffassung sieht die Pflicht beim Verwalter, der am ersten Tag des neuen Wirtschaftsjahres im Amt ist (Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage, § 28 Rn. 74). Der BGH hat jedoch klargestellt, dass die Pflicht zur Erstellung der Abrechnung den Verwalter trifft, der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht im Amt ist, unabhängig davon, ob die Abrechnung zu diesem Zeitpunkt bereits fällig war.

Entscheidende Aspekte aus der Rechtsprechung

Der BGH hat in mehreren Entscheidungen betont, dass die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung denjenigen Verwalter trifft, der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht Amtsinhaber ist. Ein Beispiel illustriert diese Prinzipien: In einer Eigentümerversammlung am 21. Januar 2015 beschlossen die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die Verwalterin mit sofortiger Wirkung abzuberufen und den Verwaltervertrag zu kündigen. Im Juni 2015 forderte die neue Verwalterin die abberufene Verwalterin auf, die Jahresabrechnung 2014 zu erstellen, was letztere ablehnte. Nach Verstreichen einer weiteren Frist ließ die Gemeinschaft die Jahresabrechnung 2014 durch die neue Verwalterin erstellen und verlangte die entstandenen Kosten als Schadensersatz von der ehemaligen Verwalterin, was gerichtlich bestätigt wurde (BGH, Urteil vom 16. Februar 2018 – V ZR 89/17).

Analyse der praktischen Auswirkungen

Die Verpflichtung, für das beim Ausscheiden bereits abgelaufene Wirtschaftsjahr die Jahresabrechnung zu erstellen, trifft den ausgeschiedenen Verwalter unabhängig davon, ob die Abrechnung bei seinem Ausscheiden bereits fällig war. Auf den Zeitpunkt der Fälligkeit kommt es bei der Bestimmung, wer die Abrechnung schuldet, nicht an, da die Bestimmung des genauen Fälligkeitszeitpunkts mit Unsicherheiten behaftet ist. Ein unterjähriger Verwalterwechsel erfordert daher Klarheit darüber, wer die Jahresabrechnung erstellen muss.

Für die Erstellung der Jahresabrechnung kann der ausgeschiedene Verwalter keine zusätzliche Vergütung verlangen, sofern nichts anderes vereinbart ist. Die Abrechnung gehört zu den dem Verwalter nach § 28 Abs. 3 WEG gesetzlich zugewiesenen Aufgaben. Der ausgeschiedene Verwalter hat zudem ein Einsichtsrecht in die Verwaltungsunterlagen, falls diese bereits an den neuen Verwalter übergeben wurden.

Fazit

Die Verantwortung für die Abrechnung des letzten Jahres bei einem Verwalterwechsel liegt grundsätzlich bei dem Verwalter, der zum 01.01. des neuen Wirtschaftsjahres im Amt war. Es ist unerlässlich, dass die Eigentümergemeinschaft klare vertragliche Regelungen trifft und im Falle von Konflikten frühzeitig rechtlichen Beistand sucht. Eine transparente Kommunikation und eine sorgfältige Übergabe der Verwaltungsunterlagen sind essenziell, um eine reibungslose und rechtlich einwandfreie Abwicklung sicherzustellen.

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